Bin ich eine yogapraktizierende Joggerin oder ein joggender Yoga-Fan. Um ehrlich zu sein könnte ich darauf jede Woche eine andere Antwort geben. Immer überwiegt mal das eine, dann wieder das andere. Mal brauche ich eher die Ruhe auf der Matte, dann ist mir wieder danach mich komplett auszupowern. Diese zwei „Sportarten“ sind es jedenfalls, die mich seit Jahren begleiten, für meinen Ausgleich sorgen, mich erden, mich zu neuen Herausforderungen anspornen und eines weiß ich sicher: bei mir ginge das eine nicht ohne das andere. Sowohl unter mentalen, aber auch unter rein physischen Aspekten.
Zum Yoga kam ich vor etwa fünf Jahren. Damals war ich schon passionierte Läuferin, wollte aber mal wieder was Neues ausprobieren. Und was soll ich sagen: die ersten Stunden waren schmerzhaft, sehr schmerzhaft. Was ich nämlich nicht geahnt hatte: das jahrelange Laufen hatte so ziemlich alles in mir verkürzt, was es zu verkürzen gab. Meine Vorbeugen hatten einen 90Grad-Winkel, mein Hund sah aus wie eine Schildkröte und mit den Händen zu den Zehen..whaaaat?
Aber, wie es so ist, relativ schnell merkte ich, wie ich geschmeidiger und flexibler wurde und sich Verspannungen, die ich mir über Jahre antrainiert hatte, langsam aber sicher auflösten. Gleichzeitig halfen mit die Übungen auf der Matte meine Tiefenmuskulatur zu stärken, was beim Laufen nicht unerheblich ist. Gerade bei langen Läufen sollten der Rumpf stabil und der Rücken stark sein. Nach und nach stellte ich also fest: Yoga ist für mich als Läuferin die perfekte Ergänzung.
Es ist aber auch andersherum! Rein Körperlich helfen mir auf der Matte meine jahrelang antrainierte Läufer-Kondition und mein langer Atem. Und mental? Im Frühjahr 2018 bin ich in Hamburg meinen ersten Marathon gelaufen und dabei habe ich vor allem eines gelernt: Schmerzen und unangenehme Gefühle kommen, sie gehen aber auch wieder. Man kann sich dagegen wehren und aufgeben, man kann es aber auch als Teil des Weges akzeptieren und sich nicht davon ablenken lassen. Denn wie schon eine alte Läuferweisheit besagt: 90% sind mental und der Rest passiert im Kopf. Und ist es beim Yoga nicht genauso? Außerdem lohnt sich das Warten auf das, was danach kommt. Nach den 42,195 Kilometern waren es bei mir Freudentränen und der Stolz, durchgehalten zu haben. Auch wenns mal schwierig wurde..
Und einen ganz wichtigen Punkt haben beide außerdem gemeinsam: sowohl auf der Strecke, als auch auf der Matte lohnt es sich nicht nach links und rechts zu schauen. Man sollte seinen eigenen Weg, sein eigenes Tempo finden. Der Rest ergibt sich dann von ganz allein. Und so werden Laufen und Yoga bei mir auch weiterhin Hand in Hand gehen..ach, apropos Hand: die schafft es mittlerweile sogar auch bei durchgestreckten Beinen bis zu den Zehen. Ja „verkürzt“ gesprochen gilt also auch hier für beides: practice, practice and all will come. So ises!